Ultraläufer sind verrückt
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Die nachfolgenden wissenschaftlichen Ausführungen habe ich der Internetseite 
www.lauftreff.de
entnommen. Für den Inhalt sind ausschließlich die Autoren verantwortlich.

Persönlichkeitsprofile von Ultra-Langstreckenläufern

Die Autoren:

Dr. Oliver Stoll

Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Sportpsychologie und Sportpädagogik der Sportwissenschaftl. Fakultät, Universität Leipzig, Jahnallee 59, 04109 Leipzig, Tel.: 0341/9731656, Internet: stoll@rz.uni-leipzig.de .

Jochen Rolle

M.A. Dipl. Sportmanag. und Sportwissenschaftl. Anschrift s.o.

Spricht man in der "nicht-laufenden" Bevölkerung über Marathonläufer, so wird oft verständnislos der Kopf geschüttelt. Dringt dann evtl. auch noch die Information durch, daß es viele Frauen und Männer gibt, die sogar länger als die berühmten 42,195 Kilometer laufen, bekommt man häufig die Bemerkung zu hören: "Die können doch nicht normal sein !". Sieht man einmal davon ab, daß es sich bei diesen Bemerkungen lediglich um sogenannte "subjektive Theorien" handelt, also Erklärungsansätze, die sich ein Individuum subjektiv entwickelt und nicht aufgrund wissenschaftlichen Untersuchungen bildet, so fällt doch auf, daß diese "Vorurteile" relativ weit verbreitet sind. Diese "subjektiven Theorien" entstehen, obwohl die bisher vorliegenden Untersuchungen eigentlich auf genau das Gegenteil hindeuten. Zu erwähnen wäre beispielsweise die Untersuchungen von Jung (1981) sowie eine eigene Studie aus dem Jahr 1993. Jung (1981) benutzte zur Erfassung der Persönlichkeit einen in der Psychologie weit verbreiteten und standardisierten Fragebogen zur Erfassung der Persönlichkeit und konnte Daten von 62 Probanden verwerten. Dabei fand er mit Ausnahme der Persönlickeitseigenschaft "Nervosität" keine Unterschiede zur Normalbevölkerung. Die untersuchten Läufer und Läuferinnen bewerteten sich weniger nervös verglichen mit einer nicht laufenden Stichprobe. Unsere Arbeitsgruppe bestätigte dieses Ergebnis im wesentlichen. Wir verwendeten in unserer Studie, wenn auch mit einer sehr kleinen Stichprobe durchgeführt (n=11), ebenfalls einen Persönlichkeitsfragebogen. Unsere Probanden lagen in allen Persönlichkeitseigenschaften, die der Fragebogen erfaßt im unauffälligen Bereich der Normalbevölkerung. Einige Untersuchungen aus den siebziger Jahren, die vornehmlich in den USA durchgeführt wurden bestätigen im Großen und Ganzen diese Ergebnisse. Zusammenfassend läßt sich aus den bisher vorliegenden Untersuchungen schlußfolgern, daß sich Ultra-Langstreckenläufer und -läuferinnen in ihrer Persönlichkeit nicht oder zumindest nur unwesentlich von der nicht ultra-langstreckenlaufenden Bevölkerung unterscheiden. Für die leistungssportorientierte Sportpsychologie drängt sich jedoch die Frage auf, ob es möglich ist erfolgreiche Sportler und Sportlerinnen von weniger erfolgreichen in ihrer Persönlichkeit und der "habituellen Streßbewältigung", also der Art und Weise, wie Menschen mit kritischen Situationen im Allgemeinen umgehen, unterscheiden. Falls diese möglich ist, wären wir in der Lage sportpsychologische Diagnostik unter anderem auch zur Talentsichtung zu nutzen bzw. Defizite in der Fähigkeit Streß zu bewältigen frühzeitig zu entdecken und effektives Bewältigen zu trainieren.
Diese Fragen nahmen wir zum Anlaß, um im wesentlichen 2 Hypothesen zu überprüfen. Die erste Hypothese klang ja zu Beginn dieses Artikels schon an. Ultra-Langstreckenläufer unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Persönlichkeit nicht von der nicht laufenden "Normalbevölkerung". Die zweite Hypothese geht davon aus, daß sich schnelle von langsamen Sportlern, Läufer mit hohen Trainingsumfängen von denen mit niedrigen Umfängen und Männer von Frauen hinsichtlich ausgewählter Persönlichkeitseigenschaften und insbesondere in der Anwendung bestimmter Streßbewältigungsstrategien unterscheiden können.

Methode

Zur Erfassung der Persönlichkeitsprofile verwendeten wir das Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI-R) von Fahrenberg und Mitarbeiten (1984). Dabei handelt es sich um einen Fragebogen, bestehend aus 116 Adjektiven, die 12 verschiedenen Persönlichkeitseigenschaften bilden (Lebenszufriedenheit, Soziale Orientierung, Leistungsorientierung, Gehemmtheit, Erregbarkeit, Aggressivität, Beanspruchung, Körperliche Beschwerden, Gesundheitssorgen, Offenheit, Extraversion und Emotionalität). Der Einsatz dieses Instruments hat den Vorteil, daß es sich um ein, auch in der Sportpsychologie, weit verbreitetes, standardisiertes diagnostisches Verfahren handelt, so daß ein Vergleich mit anderen Studien möglich ist. Die Bewältigungsstrategien wurden mit dem Streßverarbeitungsfragebogen (SVF-K) von Janke und Mitarbeitern (1986) erhoben. Die Autoren betonen dabei, daß es sich bei den von diesem Instrument erhobenen Streßverarbeitungstrategien im Sinne von Selbstinstruktionen als Personenmerkmale aufzufassen sind, die relativ unabhängig von der Art der Belastungssituation sind. Hierbei handelt es sich um die Kurzform des Originalinstruments, bestehend aus 36 Selbstinstruktionen (die als Bewältigungsstrategien bezeichnet werden können), welche 6 Bewältigungskategorien (Ablenkung, Aktive Bewältigung, Aufgabe, Bagatellisierung, Pharmakaeinnahme(*1), Bedürfnis nach sozialer Unterstützung) bilden. Auch beim SVF-K handelt sich um ein verbreitetes, standardisiertes Instrumentarium, daß auch in der sportpsychologischen Forschung oft eingesetzt wird.

(*1)Um Mißverständnisse im Vorfeld auszuräumen. Es geht bei der Streßverarbeitungsstrategie "Pharmakaeinnahme weniger um das viel diskutierte Dopingproblem, sondern mehr um den alltäglichen Gebrauch von Genußmitteln bzw. Tabletten. (Beispiel: "...trinke ich erst einmal ein Glas Bier, Wein oder Schnaps").

Durchführung der Untersuchung

Der FPI-R und Der SVF-K wurde mit einem kurzen Begleitschreiben an insgesamt 157 Ultra-Langstreckenläufer- und -läuferinnen versandt. Die Adressen der Probanden wurden dem Jahrbuch der Deutschen Ultramarathon Vereinigung (DVU) 1994 entnommen. Insgesamt 114 Probanden schickten uns die Fragebogen innerhalb von 4 Wochen ausgefüllt zurück. Das entspricht einer Rücklaufquote von 72,61%. Die rechtzeitig zurückgeschickten Fragebogen wurden ausgewertet und statistisch weiter analysiert. Ergebnisse

1. Soziodemographische Daten

Insgesamt konnten 114 vollständig ausgefüllte Fragebogen in die Datenanalyse miteinbezogen werden. Das Alter der Probanden (94 männlich, 20 weiblich) variierte zwischen 26 und 82 !! Jahren (Arithm. Mittel: 45,36, Std.abw. 9,92). 100 Probanden sind berufstätig, 2 sind eingeschriebene Studenten, 6 Rentner, 4 Hausfrauen- männer, 1 Proband gab an im eigenen Betrieb mitzuhelfen und 1 weiterer Proband ist arbeitslos. Leitende Angestellte (20,2%), Nichtleitende Angestellte (26,3%), Facharbeiter mit abgeschlossener Ausbildung (10,5%) und Beamte des höheren und gehobenen Dienstes (23,7%) bildeten den Hauptteil der Berufsgruppen in unserer Stichprobe. Von den 114 untersuchten Athleten sind 73,3% verheiratet, 15,8% ledig und 10,5% geschieden. 17,5% sind alleinlebend, 82,5% leben zusammen mit einem/einer Ehepartner/in oder Lebenspartner/in.

2. Sportartspezifische Leistungsfähigkeit

Zur Erfassung der sportspezifischen Leistungsfähigkeit wurden die Marathon- und 100 KM- Bestzeiten der Probanden erfragt. Die Marathonbestzeiten lagen zwischen 2:30 Std. und 4:15 Std. (Arithm. Mittel: 3:09, Std.abw. 0,408). Die 100 KM-Bestzeiten differierten zwischen 6:30 Std. und 14:01 Std. (Arithm. Mittel: 9:06, Std.abw. 1,62). Ein weiterer für uns wichtiger Punkt bezogen auf die sportspezifische Leistungsfähigkeit war die Trainingsleistung (in KM/Woche) sowie die Erfahrung der Probanden (in Jahre) in ihrer Sportart. Im arithmetischen Mittel verfügten die Probanden unserer Stichprobe über eine Lauferfahrung von 9,47 Jahren (Std.abw. 5,94) und trainierten im Schnitt 84,97 Kilometer pro Woche (Std.abw. 30,96, Range: 147).

2. Das Freiburger Persönlichkeitsprofil

Die Autoren des FPI schlagen vor die ermittelten Rohwerte in Stanine umzuwandeln. Die Umwandlung in Stanine ermöglicht es die eigenen ermittelten Werte mit den Standardwerten bestimmter festgelegter Altersgruppen der Eichstichprobe vergleichen zu können. Liegt ein ermittelter Stanin in dem Bereich zwischen 4 und 6, so befindet sich der Proband im unauffälligen Bereich. Liegen die Stanine nicht in diesem Bereich (also <4 oder >6) so ist der Proband auf dieser Persönlichkeitseigenschaft als auffällig zu bezeichnen. In Tabelle 1 sind die Mittelwerte der Stanine für die von uns untersuchte Gesamtstichprobe dargestellt.(*2)

Tabelle 1: Stanine-Mittelwerte Gesamtstichprobe (n=114)
Stanine FPI-1 FPI-2 FPI-3 FPI-4 FPI-5 FPI-6 FPI-7 FPI-8 FPI-9 FPI-10 FPI-11 FPI-12
Ges. (n=114) 6.30 5.46 5.77 4.79 4.62 4.51 4.62 3.61 5.07 5.03 4.87 3.85

(*2)Zur Erklärung: FPI-1=Lebenszufriedenheit, FPI-2:=Soziale Orientierung, FPI-3=Leistungsorientierung, FPI-4=Gehemmtheit, FPI-5:=Erregbarkeit, FPI-6=Agressivität, FPI-7=Beanspruchung, FPI-8=Körperl.iche Beschwerden, FPI-9=Gesundheitssorgen, FPI-10=Offenheit; FPI-11=Extraversion, FPI-12=Emotionalität

Ein erster Blick auf die Stanine der Gesamtstichprobe zeigt, daß die von uns untersuchten Läufer und Läuferinnen weitestgehend im unauffälligen Normbereich zwischen 4 und 6 liegen. Lediglich in den Skalen "Lebenszufriedenheit", "Körperliche Beschwerden" und "Emotionalität" liegen sie mit ihren Staninen knapp außerhalb des Normbereichs in die positive Richtung (mehr Lebenszufriedenheit, weniger Beschwerden, emotional stabiler).
Ein Stanine-Mittelwertsvergleich der Werte für die verschiedenen Persönlichkeitseigenschaften zwischen Läufern mit persönlichen Bestzeiten unter bzw. über 9:10 Stunden ergab lediglich einen signifikanten Unterschied auf der FPI-Skala "Emotionalität". Die Läufer und Läuferinnen, die eine persönliche Bestzeit schneller als 9:10 vorweisen, sind emotional stabiler und gelassener als die Sportler mit langsameren persönlichen Bestzeiten.
Probanden mit einem Wochenkilometerdurchschnitt von mehr als 79 KM/Woche erweisen sich als leistungsorientierter, klagen jedoch mehr über körperliche Beschwerden und sind weniger lebenszufrieden.

3. Habituelle Streßverarbeitung

In Grafik 1 sind die Skalenmittelwerte der von uns untersuchten Stichprobe im Vergleich zu den Werten einer nicht langstreckenlaufenden studentischen Stichprobe (n=173) dargestellt.

Grafik 1:
Vergleich Skalenmittelwerte der untersuchten Ultra-Marathonläufer/innen und einer studentischen Vergleichsstichprobe (Janke et al. 1984 bezugnehmend auf Janke, Capek & Pohl, 1983 &1984).

SVP-Stichprobe = männl.Studenten (n=173),
Ultra-Marathonläufer/innen (n=114)

Kaum Unterschiede zwischen den beiden Stichproben sind hinsichtlich der Bewältigungsstrategien "Ablenkung" und "Bedürfnis nach sozialer Unterstützung" festzustellen. Ultramarathonläufer und -läuferinnen liegen in den Werten der Bewältigungsstrategie "Aktive Bewältigung" und "Bagatellisierung" höher als die von Janke et. al. (1984) Studenten. Im Einsatz der Strategien "Aufgabe" und "Pharmakaeinnahme" unterscheiden sich die Ultramarathonläufer und -läuferinnen von der studentischen Vergleichsstichprobe mit deutlich niedrigeren Werten. Weiterhin wurden die Mittelwertunterschiede für die verschiedenen Bewältigungsstrategien von Läufern und Läuferinnen mit mehr bzw. weniger als 9 Jahren analysiert. Dabei konnten wir feststellen, daß die Läufer und Läuferinnen mit mehr sportartspezifischer Erfahrung signifikant mehr auf "Aktive Bewältigungsstrategien zurückgreifen als die Sportler und Sportlerinnen mit weniger Lauferfahrung Zwischen Läufern und Läuferinnen, die eine persönliche Bestzeit schneller bzw. langsamer als 9:10 aufweisen können keine signifikanten Unterschiede in der Streßbewältigung festgestellt werden.

Diskussion

übereinstimmend mit den Ergebnissen von Folkins & Wieselberg-Bell (1980), Jung (1980) sowie der Studie unserer Arbeitsgruppe (1993) konnten wir auch in unserer neuen Stichprobe keine bzw. nur unwesentliche Unterschiede im Persönlichkeitsprofil von Ultra-Langstreckenläufern verglichen mit der nicht ultra-langstreckenlaufenden Bevölkerung finden. Lediglich die Subskalen Lebenszufriedenheit, Körperliche Beschwerden und Emotionalität liegen leicht außerhalb des unauffälligen Bereiches der Normalbevölkerung und tendieren eher in eine positive Richtung. Die Unterschiede sind jedoch so gering, daß sie kaum erwähnenswert sind. Die Feststellung von Clintsome & Kostrubala (1977) sowie Gontang et al. (1977), daß Langstreckenläufer und -läuferinnen introvertierter sind als die Normalbevölkerung können wir nicht bestätigen.
Die Feststellung von Clintsome & Kostrubala (1977) sowie Gontang et al. (1977), daß Langstreckenläufer und -läuferinnen introvertierter sind als die Normalbevölkerung können wir nicht bestätigen. Ein Vergleich von Untergruppen in unserer Stichprobe (Geschlecht, Trainingsumfang, Bestzeiten über 100KM als unabhängige Variable) brachte im Gegensatz zu Morgan & Pollock (1977) in Teilbereichen des Persönlichkeitsprofils signifikante Unterschiede. So erweisen sich "schnellere" Läufer und Läuferinnen als emotional stabiler. Schnellere Läufer gehen ihre Anforderungen gelassener an und verfügen über ein hohes Selbstvertrauen. Diese Persönlichkeitscharakteristika, könnte sich durchaus im Laufe einer individuellen sportlichen Entwicklung, aufgrund der häufigen hervorragenden Bewältigung einer solch extremen sportlichen Anforderung herausgebildet haben. Gesellschaftlich genießen sicherlich auch langsamer laufende Sportler und Sportlerinnen Bewunderung. Dies spiegelt sich jedoch offensichtlich nicht so sehr in der Entwicklung emotionaler Stabilität wieder, wie etwa bei schnelleren Athleten. Das Ergebnis, daß Athleten mit einem höheren Trainingsumfang leistungsorientierter sind, jedoch mehr über körperliche Beschwerden klagen erscheint uns einleuchtend. Hohe Trainingsumfänge deuten im Prinzip immer auf die Ausübung einer Sportart mit einer bestimmten Leistungsorientierung hin. Mit hohen Trainingsumfängen sind jedoch auch häufig Verletzungsprobleme und wie Uhlenbruck (1990) insbesondere im extremen Ausdauerbereich feststellte, auch eine Schwächung des Imunsystems verbunden. Dies drückt sich deutlich in diesem Ergebnis aus. Eine direkte Folge aus diesem Zusammenhang könnte sich direkt in der signifikant niedrigeren Lebenszufriedenheit der Läufer mit hohen Trainingsumfängen niederschlagen.
Die von uns untersuchten Sportler und Sportlerinnen unterscheiden sich in Teilbereichen der habituellen Streßbewältigung im Vergleich zu einer studentischen Stichprobe. Die von uns untersuchten Ultramarathonläufer und -läuferinnen bevorzugen sowohl "aktive Bewältigungstrategien" als auch Selbstinstruktionen, die ein auftretendes kritisches Ereignis "bagatellisieren". Unsere Probanden nutzen vergleichbar weniger Strategien der "Aufgabe" und "Pharmakaeinnahme. Nur geringe Unterschiede konnten wir in der Anwendung der Strategien "Bedürfnis nach sozialer Unterstützung" und "Ablenkung" feststellen. Ausgehend von den überlegungen von Schlicht und Mitarbeitern (1990), der den Einsatz problemorientierter (also eher aktiver Bewältigungsstrategien) als wirksam und angemessen dann empfiehlt, wenn ein Stressor subjektiv kontrollierbar bewertet wird und den Einsatz von "emotionszentrierten Bewältigungsstrategien" vorschlägt (z.B. Aufgabe, Ablenkung, aber auch Bagatellisierung), wenn die auftretende Situation als wenig bzw. gar nicht kontrollierbar bewertet werden kann wollen wir unsere Ergebnisse diskutieren.
Die Tatsache, daß ultramarathonlaufende Sportler und Sportlerinnen offensichtlich eher zu aktiven Bewältigungshandeln neigen, könnte ein Ergebnis der Ausübung ihrer Sportart sein. Wie wir aus verschiedenen Publikationen (z.B. Sonntag (1985), Stoll (1995), Ziemainz (1995)) und auch eigenen Erfahrungen wissen, beschäftigen sich gerade diese Ausdauersportler besonders intensiv sowohl mental als auch organisatorisch im Vorfeld ihrer Wettkämpfe mit dem bevorstehenden Ereignis. Diese intensive Beschäftigung mit dem Ereignis im Vorfeld hat unseren Erachtens die Aufgabe die Situationen besser kontrollieren zu können. Wenn wir weiterhin davon ausgehen, daß Streßverarbeitungsstrategien beim Menschen weitestgehend erlernt werden und sich dieses Lernen vorwiegend nach dem Prinzip des Lernens am Erfolg und des Modellernens an Hand von Belastungssituationen vollzieht, dann ist denkbar, daß sich ultramarathonlaufende Athleten den Einsatz "problemorientierter Copingstrategien" im Laufe ihrer sportlichen Entwicklung anhand eines lerntheoretischen Modells angeeignet haben. Zusammenfassend läßt sich jedoch feststellen, daß die "habituelle Streßbewältigung", also die Art und Weise wie Menschen im Allgemeinen mit kritischen Situationen umgehen, kaum einen leistungsbeeinflußenden Effekt hat. Dies zeigt sich in dem Ergebnis, daß sich schnellere Athleten/innen nur unwesentlich von langsameren Läufern/innen hinsichtlich ihres Persönlichkeitsprofils und ihres Bewältigungsverhaltens unterscheiden.

Literatur

Clintsome, T./Kostrubala, T.:

A psychological study of 100 marathoners using the Myers-Briggs type indicator and demographic data. In: Annals of the New York Academy of Sciences, 301 October (1977), 1010-1019.

Fahrenberg, J./Hampel, R. & Selg, H.:

Das Freiburger Persönlichkeitsinventar FPI. Verlag für Psychologie, Göttingen 1984.

Folkins, C./ Wieselberg-Bell, N.:

A personality profile of ultramarathon-runners: a little deviance may go a long way. In: Journal of Sport Behaviour, 4 (1981), 119-127.

Gontang, A../Clintsome, T. & Kostrubala, T.:

A psychological study of 50 sub-3-hour marathoners. In: Annals of the New York Academy of Sciences, 301 October (1977), 1020-1027.

Janke, W./Erdmann, G. & Kallus, W.:

Streßverarbeitungsfragebogen (SVF) - Handanweisung. Verlag für Psychologie, Göttingen 1985.

Janke, W./Capek, D. & Pohl, J.:

Untersuchung zur Wirkung verschiedener Pharmaka unter Lärmbelastung, unveröff. Forschungsbericht, Universität Würzburg 1983 & 1984..

Jung, K.:

Phänomen 100-km-Lauf. Physiologische. medizinische und psychologische Aspekte. München 1981.

Morgan, W.P./ Costill, D.L.:

Psychological characteristics of the marathon runner.In: Journal of Sports Medicine ans Physical Fitness, 12 (1972), 42-46.

Morgan, W.P./ Pollock, M.L.:

Psychologic characterization of elite distance runners. In: Annals of the New-York Academy of Sciences, 301 (October), 1977, 382-403.

Schlicht, W./Meyer, N. & Janssen, J.P.

Ich will mein Rennen laufen - Bewältigung belastender Ereignisse im Triathlon - Eine Pilotstudie, Teil 1. In: Sportpsychologie, 4 (1990a), 5-13.

Schlicht, W./Meyer, N. & Janssen, J.P.

Ich will mein Rennen laufen - Bewältigung belastender Ereignisse im Triathlon - Eine Pilotstudie, Teil 2. In: Sportpsychologie ,4 (1990b), 5-9.

Sonntag, W.:

Mehr als Marathon - Handbuch für Langläufer (Band 2). Aachen 1985.

Stoll, O./Wagner, P.:

Beta - Endorphin Immunoreaktives Material im Blutplasma und Selbstbefindlichkeitsveränderungen bei Ultra - Langstreckenläufern. In: Nitsch, J.R./ Seiler, R. (Hrsg.). Motivation, Emotion, Stress,.1993, S.163-169,

Stoll, O.:

Streßbewältigung im Langstreckenlauf. Bonn 1995.

Wilson, V.E./Morley, N.C. & Bird, E.L.:

Mood profiles of marathon runners, joggers and non-exercisers. In: Perceptual and Motor Skills, 53 (1980), 472-474.

Ziemainz, H.:

Streßbewältigung und sportlicher Erfolg im Triathlon. Unveröffentlichte Magisterarbeit im Fachbereich 05 der Justus-Liebig-Universität, Gießen, 1995.